Wladimir Kaminer
Russendisko

Keine durchgehende Story, sondern Glossen, die aus dem Leben Kaminers erzählen; wie er nach Deutschland kam und was er (vorgeblich oder tatsächlich) erlebte.

Vor diesem Buch hatte ich Kaminer in Interviews gesehen, gehört und gelesen und fand ihn schon da witzig und geistreich. Dieses Buch verstärkt den Eindruck. Ein kluger Kopf, der gut beobachtet und es versteht, Alltägliches hübsch, humorvoll, zum Nachdenken anregend, als vertraut und doch fremd zu servieren. Deutschland, ein Aquarium, aus der Sicht des neu angereisten Fischs, der sich in der Plastiktüte aus dem Zoogeschäft bereits Gedanken macht über den jetzigen und zukünftigen Aufenthaltsort sowie seine Mit-Fische hier und dort.
Wenn er nicht – Gott sei Dank! – seine ganz eigene Art hätte, würde er vielleicht an Kishon erinnern, da beide Alltagssituationen schildern. Während Kishon aber eine häufig stark verzerrte, überspitzte Erzählweise hat, scheint Kaminer sich häufig einfach nur zu wundern, wie es so zugeht im Leben – und dann eben wieder auch nicht.
Er beschreibt, ohne in Wertungen zu verfallen (wobei man zugestehen muss, dass alleine die Tatsache, dass er über etwas schreibt, ja schon eine gewisse Wertung darstellt) und ohne jemanden bloßzustellen, so dass er zum Gespött der Leute wird. Er ist... – ja, tatsächlich – charmant!

Erschienen Goldmann Manhattan
TB, 192 Seiten
ISBN 3-442-54175-1

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Rezensiert 11.10.2005
© Claudia Heldt. Zuletzt aktualisiert: 22.09.2008