Marion Gräfin Dönhoff
Bilder, die langsam verblassen

Ostpreußische Erinnerungen

Zum Inhalt:
Der Text enthält - wie auch die Untertitel schon sagen: "Texte aus 'Kindheit in Ostpreußen' und 'Namen, die keiner mehr nennt'".
Es ergibt sich eine Mischung von geschichtlicher Hintergrundinformation und persönlichen Erlebnissen Dönhoffs aus der Zeit ihrer Kindheit und Jugend bis zum Ende des 2. Weltkriegs.

Meine Meinung:
'Kindheit in Ostpreußen", "Namen, die keiner mehr nennt", "Fakten, die keiner mehr wissen will".
Nun, ich bin böse... Was mich persönlich an Biografien oder Erinnerungen, Erfahrungsberichten interessiert und fasziniert ist die Vermittlung einer anderen Sichtweise, der Einblick in andere, unbekannte Situationen. Zwar muss man Dönhoff zugute halten, dass sie schon einen Einblick vermittelt; allerdings ist diese, vergangene, Lebensweise uns heute so fremd wie etwa die von Aschenputtel aus dem tschechischen Märchenfilm "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel". Außerdem finde ich die Verquickung von persönlichen Erlebnissen mit geschichtlicher Hintergrundinformation nicht so gelungen. Sicherlich hat Dönhoff ein profundes Wissen, aber wen interessiert heutzutage tatsächlich noch im Detail, warum welcher Adelstitel verliehen wurde und was damit verbunden war (wenn überhaupt) und welchen Wert - außer "Allgemeinbildung" - hat für uns Nichtadelige die Information darüber, warum sich mancher "von" nun "von" oder nur "v." schreibt?
Bisweilen eine sehr dröge Angelegenheit; es gibt aber auch Lichtblicke. Dort, wo Dönhoff über eigene Erlebnisse schreibt, etwa ihre Flucht aus Ostpreußen, wird sie tatsächlich interessant und lebhaft. Außerdem ist dieses Buch mit einigen stimmungsvollen Bildern (sowohl Farbe als auch schwarz/weiß) ausgestattet.
Nach der Lektüre verstehe ich aber, warum mein Buchhändler zweideutig gesagt hat: "Übrigens, die verstaubte Dönhoff ist hier."

Wichtig ist mir an diesem Buch aber folgende Feststellung von Dönhoff über den Verlust ihrer Heimat (und diese Feststellung lege ich allen Heimatvertriebenen ans Herz):
"Ich kann mir auch nicht vorstellen, daß der höchste Grad der Liebe zur Heimat dadurch dokumentiert wird, daß man sich in Haß verrennt gegen diejenigen, die sie in Besitz genommen haben, und daß man jene verleumdet, die einer Versöhnung zustimmen. (...) Vielleicht ist dies der höchste Grad der Liebe: zu lieben, ohne zu besitzen."

Dem habe ich nichts mehr hinzuzufügen.

Erschienen im
Siedler Verlag
ISBN 3-572-10036-4

Zurück zur Übersicht "D"

Rezensiert 28.03.2001
© Claudia Heldt. Zuletzt aktualisiert: 11.04.2008